Ein heißes Eisen angepackt - "Und was kostet das?"

Meine Freiberuflichkeit umfasst genau das, was ich machen will, wie ich arbeiten möchte. Die vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen entsprechen meinem Potpourri an Kompetenzen und Fähigkeiten. Ich bearbeite Themenfelder, die mir mir am Herzen liegen. Als Gestalterin und Begleiterin von (Veränderungs-)Prozessen eröffne ich für die Menschen, mit denen ich zusammenarbeite Möglichkeitsräume um Perspektiven zu erweitern und neue Perspektiven zu bilden. So arbeiten zu können ist ein Geschenk und die wertvollen Lernerfahrungen sind unbezahlbar.

 

Wie in jedem beruflichen Alltag gibt es auch in einer Freiberuflichkeit selbstverständlich Bereiche, die herausfordern. Da fehlt manchmal das Team. Verwalterische Aufgaben müssen eigenständig erledigt werden. Und es braucht Disziplin den Arbeitsalltag organisiert und beständig zu gestalten.

 

Und dann ist da die Notwendigkeit, die eigene Arbeit angemessen zu verkaufen. Ein heißes Eisen und spannendes Thema zugleich, oftmals ein Tabu-Thema über das wenig geredet wird. Vor allem dann, wenn man wie ich ausgerechnet mit dem Thema Armut unterwegs ist.

 

Nach nun sieben Jahren als Freiberuflerin habe ich dieses Thema für mich gründlich durchdacht und Entscheidungen getroffen. Hilfreich hierfür waren der Austausch mit Kolleginnen, mancher Podcast und auch die Honorar-Empfehlungen vom Berufsverband für Training, Beratung und Coaching

 

Wenn potenzielle Auftraggebende das aufgerufene Honorar hören, ist vielen nicht klar, wie sich ein solcher Tagessatz zusammensetzt. Die Basis einer solchen Berechnung ist der angestrebte Netto-Stundensatz, der für die jeweilige Expertise, die Qualität und in Bezug auf das angebotene Thema als angemessen betrachtet wird. Denn selbstverständlich muss ein Honorar versteuert werden.

 

Zur Erläuterung: Wenn ein Tagessatz für eine Tagesveranstaltung genannt wird, dann sind das die Kosten für den durchgeführten Tag. Der reale Stundenaufwand für Vorbereitungs- und Nachbereitungszeiten, Absprachen, etc. werden in der Branche überlicherweise zusätzlich berechnet. Andere Anbierter*innen verfahren wie ich und bieten Paketpreise an, in denen diese Kosten integriert sind.

 

Ein wenig Transparenz im Arbeitsaufwand: Für ein eintägiges Seminar fallen für die Vorbereitung ca. 8 Arbeitsstunden an (bedarfsorientierte und passgenaue Angebote). Darin enthalten sind Recherche der lokalen Bedingungen, didaktisch/methodische Konzeption des Tages, Vorbereitung von inhaltlichen Impulsen und Zusammenstellung aller Materialien. In der Regel gibt es bis zu drei Absprachen und einen E-Mail-Austausch, also ca. weitere 3 Arbeitsstunden. Ein eventuelles Fotoprotokoll oder andere Nachbereitung umfasst weitere 2 Arbeitsstunden. Der Seminartag selber beinhaltet meist einen Arbeitstag mit lokaler Vor- und Nachbereitung von 8 bis 9 Arbeitsstunden (die Pausen werden i.d.R. genutzt um Methoden vorzubereiten, etc.). Das heißt der Arbeitsaufwand für einen Seminartag beträgt ca. 22 Stunden.

 

Ein Rechenbeispiel: Würde man also einen Tagessatz von (wie üblicherweise angeboten) 800 Euro veranschlagen, käme dies beim genannten Arbeitsaufwand von 22 Stunden einem Stundensatz von ca. 36 Euro brutto gleich. Nach Abzug der anfallenden ca. 30% Steuern, bleiben ca. 25 Euro netto übrig.

 

Wie wird also ein adäquates Honorar berechnet? Diese Wertfindung ist komplex. Kriterien sind Expertise, Qualifikation und Erfahrung der Anbieter*in. Außerdem sind die Qualität, der Umfang und der Arbeitsaufwand der Angebote einzubeziehen. Hinzu kommt die Verortung der potenziellen Aufträge im jeweiligen Markt. Es macht einen Unterschied, ob Dienstleistungen im sozialen oder wirtschaftlichen Segment angeboten werden. In der freien Wirtschaft gelten zu niedrige Honorarforderungen als Beleg für geringe Qualität. Im sozialen Feld gelten zu hoch angesiedelte Preise als unangemessen. Dann müssen branchenübliche Honorare berücksichtigt werden. Daraus errechnet sich die Summe, die am Ende netto bleiben soll. Diese Summe wird in Bezug gesetzt zu den unternehmerischen Kosten (Miete, Sozialversicherung, Betriebskosten, etc.). Auch die notwendigen steuerlichen Abzüge sind einzurechnen.

 

FAZIT: Es braucht ein faires Miteinander in der Aushandlung angemessener Honorare im Weiterbildungsmarkt, für Referent*innen, Trainer*innen, Dozent*innen und Coaches. Studien* belegen, dass die finanzielle Situation vieler freiberuflich Tätiger nach wie vor prekär ist. Aus vielen Gesprächen mit freiberuflichen Kolleginnen und eigener Erfahrung weiß ich um die Sorge, durch adäquate Honorar-Forderungen potenzielle Auftraggebende zu verlieren. Die Studien zeigen, auch in diesem Bereich werden Frauen nach wie vor geringer vergütet als männliche Kollegen. Aus meiner Perspektive muss sich das ändern. Transparenz und ein offener Austausch sind zwei wichtige Instrumente für den Weg zu einer verhältnismäßigen Vergütung.

 

 

*https://www.gew.de/aktuelles/detailseite/viele-werfen-das-handtuch

 

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