Sommer 2024

 

Wenn man gemütlich auf die 60 zuwandert, bringt das so manche Nebenwirkung mit sich, vor allem für uns Frauen. Manchmal scheinen Dinge, die unbedingt im Gedächtnis behalten werden wollen, plötzlich unauffindbar. Das Phänomen wird brain-fog genannt, da wird es neblig im Hirn.

Ich telefoniere mit einer Tochter. Auf ihre Frage, wie es mir geht, antworte ich seufzend, "ach bei mir schlägt gerade mal wieder der brain-frog zu..." Am anderen Ende der Leitung erschallt fröhliches Gelächter, "Dein was? schlägt zu?" Da merke ich es, statt fog = Nebel, frog = Frosch. Ich bekomme ebenfalls einen Lachanfall und pruste nur noch "Siehste, das meine ich..."

Bei einem Flohmarktbesuch wenige Tage später finde ich einen wunderbaren freundlichen Frosch, der nun auf meinem Schreibtisch steht und mir an "Frosch-Tagen" ein Lächeln ins Gesicht zaubert.

 

Was das mit Perspektiven Bilden zu tun hat? Es ist immer eine Frage meiner jeweiligen Perspektive, wie ich denke und handle, wie ich Umstände einordne und bewerte. Mit welcher Perspektive schaue ich auf meine Themen, auf politische Ereignisse, auf Menschen, wie sie ihr Leben gestalten und gestalten können?

 

Armutssensibel Handeln beinhaltet immer, dass ich die Lebensrealität von armutserfahrenen Menschen, von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien wahrnehme und berücksichtige. Und das geschieht auf politischer Bühne überhaupt nicht. Nachdem Menschen in Bürgergeld-Bezug erneut in den Generalverdacht gestellt wurden, arbeitsfaul zu sein, sich nur nicht genug anzustrengen, wurde nun die Kindergrundsicherung gekippt. Wie wütend und fassungslos mich das macht, lässt sich kaum in Worten ausdrücken.

 

Und wer trifft solche Entscheidungen? Privilegierte Männer in politischer Verantwortung, die von der Lebensrealität von Familien mit wenig Geld überhaupt keine Ahnung haben. Ein Finanzminister, der gleichzeitg jene schützt, die Steuern in Milliarden-Höhe hinterziehen wie auch bspw. die Dienstwagen- und Auto-Lobby. Alles unter dem Deckmantel der notwendigen Zukunftsinvestitionen. Noch einmal: die 2,9 Millionen Kinder und Jugendlichen in diesem Land, die mit wenig Geld aufwachsen müssen, machen 20% der Zukunft in diesem Land aus. Was ist eigentlich so schwer daran, das zu verstehen? Und dann macht sich ein weiterer privilegierter Mann auf den Weg Bundeskanzler zu werden, der unsägliche Reden hält, bspw. über eine Webseite der Jobcenter, wo für ein sorgenfreies Leben in Bürgergeld-Bezug geworben würde. Dieser Mensch ist noch weiter entfernt von der Wirklichkeit eines Lebens in Armut.

 

Wo sind die politisch Verantwortlichen, die sich rückbesinnen auf das, was unsere Gesellschaft im Lichte des Grundgesetzes ausmacht? Wer setzt sich ein für Kinder- und Menschenrechte, für ein Leben in Würde? Die Kindergrundsicherung würde einen wichtigen Beitrag leisten, dass Kinderrechte realisiert würden: Das Recht auf Teilhabe, Bildung, Gesundheit und Mitbestimmung zum Beispiel. Hier wird nicht im besten Interesse der Kinder gehandelt. Aufwachsen in Wohlergehen für alle Kinder und Jugendlichen in diesem Land zu realisieren, das wäre eine wirkliche, echte Zukunftsinvestition!

 

So, das mussste mal gesagt werden.

Trotz allem, es ist Sommer. Und ich wünsche uns allen laue Sommerabende mit Musik und wohltuenden Begegnungen!

 

Anita Meyer


Wer ich bin...

Bildungswissenschaftlerin

Diplom Sozialpädagogin (FH)

zertifizierte systemische Supervisorin

zertifizierte systemische Coach

Was ich will...

Möglichkeitsräume erschließen

Chancen für Teilhabe schaffen

Armutssensibel Handeln ermöglichen