In seiner Expertise "Kein Kind zurücklassen" -herausgeben von Der Paritätische - Forschungsstelle.- vergleicht Andreas Aust die Entwicklung der Kinderarmut der letzten Dekade. Neben der sehr gut und verständlich aufbereiteten Darstellung der komplexen Sachverhalte wie auch Daten und Fakten, enthalten seine Analysen für mich wichtige und zentrale Befunde, die Aha-Momente auslösten. Wieder etwas gelernt...:
- Die Debatten um Daten und Fakten sind nicht immer zielführend. Die Quoten sowie die Gewichtung und Ausrichtung von Grundsicherung sind immer auch normative, bzw. politische Setzungen (vgl. S. 3).
- Der SGB II-Bezug ist nicht immer gleichbedeutend damit, dass Kinder von der Armutsschwelle bzw. Einkommensarmut betroffen sind. SGB II-Bezug muss sehr differenziert betrachtet werden (vgl. S. 6f). Ich habe diese beiden Nenngrößen bislang stets gleichgesetzt. SGB II Bezug kann Einkommensarmut bedeuten, muss es nicht zwangsläufig. Relevant ist es, die Armutsquoten mit den Leistungen der Grundsicherung in Bezug zu setzen. Daher müssen SGB II Bezug und Einkommensarmut unterschieden werden (vgl. S. 10).
- Die Folgen der Pandemie für Familien in Armutslagen waren weitere Einkommensverluste und zunehmende ökonomische Unsicherheit;
- das Familienleben musste neu organisiert werden, weil selbstverständliche und unterstützende Infrastruktur komplett wegfiel:
- wie auch der Ausfall unterstützender externer Leistungen (Essen, Nachmittagsangebote, etc.) (vgl. S. 12);
- die Pandemie als Brennglas machte mehr als je sichtbar: "das Zurechtkommen in der Krise (hängt) maßgeblich mit dem sozialökonomischen Status der Familie zusammen(...)" (Aust 2021, S. 13; Einf./Ausl. Autorin).
- Das Ost-/Westgefälle hat sich aufgelöst, es hat sich verschoben zu einem Nord-/Südgefälle (vgl. S. 21f u. 24).
- Möglicherweise werden Grundsicherungsleistungen bzw. Familienleistungen von Familien nicht in Anspruch genommen, weil Unwissenheit zu den Ansprüchen besteht und/oder, weil das sogenannte "Hartz IV" sozial wenig aktzeptiert bis sozial kriitsch betrachtet wird. (vgl. S. 28) ABER: Grundsicherung und Familienleistungen sind gesetzlich verbriefte Rechte und eben kein Almosen!!!
Für mich eine sehr informative und gewinnbringende Lektüre, sehr empfehlenswert!
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